Das Musikhaus des Westens feiert Jubiläum
Inhaber Falk Schuhmann will an 80jähriger Tradition festhalten
In der Weststraße 53 gibt es in diesen Tagen Grund zum Feiern: das “Musikhaus des Westens. Fritz Hädrich” wird 80 Jahre alt.
Grund genug, sich der Höhen und Tiefen in der Geschichte dieses Geschäftes zu erinnern
Gegründet wurde es am 10. September 1910 von Fritz Hädrich in der Fritz-Reuter-Straße. 16 Verkäufer und Angestellte wurden damals beschäftigt und ein riesiger Kundenkreis wurde bedient. Die Tochter Fritz Hädrichs, Frau Gerda Schulze, die selbst seit 1928 im Geschäft arbeitete, erzählt noch heute mit Begeisterung von Räumen voller Akkordeons und Mundharmonikas, Wänden voller Gitarren – vom einfachsten Instrument bis zum Meisterwerk gab es praktisch alles. Als CHemnitz 1945 in Schutt und Asche fiel, wurde auch das Musikhaus ein Opfer des Angriffs: Alle Noten und Instrumente, darunter allein 54 Klaviere und 20.000 Schallplatten verbrannten. Unschätzbare Werte, nicht nur finanziell.
Die Liebe zur Musik ließ Fritz Hädrich und seine Tochter 1950 in einem kleinen Laden in der Weststraße einen Neuanfang wagen. Das “Musikhaus des Westens” entstand. Mitte der 70er Jahre übernahm Gerda Schulze, unterstützt von Ihrer Tochter, das Geschäft. Neben allen Freuden im Umgang mit der Musik und den Kunden, wurden ihr auch viele Hürden in den Weg gestellt. Sie zewigt mir einen ganzen Hefter voll Schriftwechsel mit dem damaligen VEB Gebäudewirtschaft Karl-Marx-Stadt – ob es um den vermoderten Fußboden ging, um undichte Fenster oder einen defekten Ofen, sie wurde vertröstet und hingehalten. An kalten Wintertagen standen sie und ihre Tochter mit Handschuhen und in Stiefeln hinter dem Ladentisch! Aber ohne Hilfe war es ihr Nicht möglich, den Laden baulich zu erhalten.
Die Rettung für das Musikhaus erschien in der Person eines jahrelangen Kunden. Falk Schuhmann, ein junger Mann voller Tatendrang und Pläne, übernahm das Geschaft im März diesne Jahres.
Der gelernte Rundfunk- und Fernsehmechaniker spielte selbst im Jugendblasorchester des ehemaligen Pionierhauses Schlagzeug und ist Discotechniker bei der “Musikboutique”. An die Traditionen der 80er Jahre “Musikhaus Fritz Hädrich” will er unbedingt anknüpfen. Bestellungen werden entgegengenommen und Sonderwünsche erfüllt, ein breiter Kundenkreis soll angesprochen werden. Von Instrumenten und Noten bis hin zu Schallplatten und CDs reicht das Angebot. Er hat Verbindung zu Großhandelseinrichtungen der BRD aufgenommen, ist aber genau so an der Zusammenarbeit mit DDR-Firmen interessiert.
Ich muss noch einmal auf Gerda Schulze zurückkommen. Trotz ihres hohen Alters fällt ihr der Abschied von ihrem Geschäft sehr schwer. Während sie vom alten Musikhaus spricht, spürt man, wie sie der Zeit nachhängt. “Vielleicht ist es ganz gut so. Es gibt jetzt so viel Neues, das hätte ich wohl nicht mehr gelernt. Ich wünsche Falk, daß er alles schafft, was er sich vorgenommen hat.”
Ich schließe mich ihren Worten an, im Interesse des traditionsreichen Musikhauses und der vielen jahrelangen und neuen Kunden.
Quelle: Freie Presse
Erscheinungsdatum: 10.09.1990